Inspiration

Im Interview mit PRIMAKLIMA e.V.

Mit dieser Beitragsreihe möchten wir Euch unsere ausgewählten Partner unserer Klimaschutzprojekte genauer vorstellen. Wer steckt dahinter, was treibt sie an und wie laufen die Projektunterstützungen ab. Darüber hinaus nehmen wir das Thema Kompensation einmal genauer unter die Lupe und zeigen Euch warum der Beitrag einer und eines Einzelnen zählt. Nun geht es weiter mit PRIMAKLIMA e.V. Dazu haben wir mit Geschäftsführerin und Vorstandsvorsitzenden Dr. Henriette Lachenit gesprochen.

PRIMAKLIMA ist einer unserer Projektanbieter, durch den uns die Einsparung von klimaschädlichen Emissionen ermöglicht wird. Stellst Du uns PRIMAKLIMA einmal vor?

Bereits im 30sten Jahr setzt PRIMAKLIMA sich gemeinsam mit den Partner:innen vor Ort für den Klimaschutz ein – indem wir neue Wälder schaffen und gesunde Wälder schützen. Wir tun das, weil Wälder unser Wohlergehen auf fundamentale Weise sichern – und wenn wir sie preisgeben, sind wir als Menschheit immer größeren Risiken ausgesetzt.

Quelle: Primaklima e.V.

PRIMAKLIMA konnte bereits zahlreiche Waldprojekte rund um den Globus verwirklichen, in denen über 14 Millionen Setzlinge gepflanzt wurden. Momentan sind wir auf vier Kontinenten aktiv – unter anderem in Uganda, Nicaragua, Bolivien, Indonesien und Deutschland. Fundament unserer Projektauswahl ist dabei das forstfachliche Wissen, das Vorstand und Aufsichtsrat unseres gemeinnützigen Vereins haben. Außerdem arbeiten wir mit externen unabhängigen Forstexpert:innen zusammen.

Quelle: PRIMAKLIMA

Dürfen wir auch fragen, warum Du dich entschieden hast, für PRIMAKLIMA zu arbeiten?

Es ist tatsächlich so, dass mir Wälder von Kindheit an sehr am Herzen liegen. Von ihnen ging für mich schon immer eine große Faszination aus. Aus dieser Verbundenheit heraus habe ich Forstwissenschaft studiert – und damit die Grundlage für meine Arbeit bei PRIMAKLIMA geschaffen. Mich interessiert dabei vor allem, was Wälder für Gesellschaften weltweit bedeuten. Sie bestehen ja nicht nur für sich, sondern sind in gesellschaftliche Kontexte eingebettet; das heißt: auf verschiedenen Ebenen – auf internationaler, nationaler sowie auf lokaler Ebene - definieren wir als Gesellschaft, wie wir mit dem Wald als Ganzes umgehen. Damit ist Waldschutz hochkomplex.

Hinsichtlich der Entfaltung der Klimakrise spielen die Wälder darüber hinaus eine zentrale Rolle. Über PRIMAKLIMA habe ich die Möglichkeit, diese Botschaft zu vermitteln – auch in internationalen Zusammenhängen. Dabei treibt mich immer wieder die Frage um, warum es bisher nicht gelungen ist, unsere Wälder besser zu schützen. Schließlich lieben die allermeisten von uns den Wald; dann müssten wir es konsequenterweise schaffen, sie besser zu schützen.

Wenn interessierte Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei uns ihr passendes Klimaschutzprojekt aussuchen, durch das sie ihre vermiedene Tonne CO2 wirksam machen möchten, wird ihnen ein Projekt von Euch vorgestellt - Aufforstung zur Rückkehr der Regenwaldvegetation. Was macht dieses Projekt so besonders?

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Klimawette unterstützen die Wiederaufforstung im Kibale Nationalpark im Westen Ugandas. Der Park ist ein einzigartiger Hotspot für Artenvielfalt. Unter anderem lebt dort die größte Schimpansenpopulation der Welt. Darüber hinaus sind in dem tropischen Regenwald zahlreiche andere Säugetiere, Vögel und Schmetterlinge beheimatet. Durch die Renaturierung gelingt es, diese einzigartige Tier- und Pflanzenwelt zu erhalten beziehungsweise wiederherzustellen. Erste Erfolge zeigen sich bereits: Die Schimpansen kehren bereits in Gebiete zurück, die vorher als verödete degradierte Flächen brachlagen.

Das Projekt trägt außerdem dazu bei, dass die im Umland lebenden Familien neue Einkommensmöglichkeiten erhalten. Beispielsweise züchten sie nun Bienen und produzieren Honig. Warum Bienen? Weil die im angrenzenden Park lebenden Elefanten den Wald nicht verlassen, wenn sie an der Nationalparksgrenze auf ein Bienenvolk treffen – denn ihre Rüssel sind sehr empfindlich gegenüber Bienenstichen. Somit richten die Elefanten keine Zerstörung auf den Feldern der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen an. Gleichzeitig können sich die Familien durch den Honig-Verkauf eine nachhaltige Einkommensquelle schaffen.

Das klingt ja spannend! Und wer übernimmt die Verantwortung vor Ort?
Wie stellt Ihr sicher, dass mit den Projektgeldern auch tatsächlich die versprochenen Tonnen vermieden werden?

Die staatliche Wildtierbehörde (Uganda Wildlife Authority) ist vor Ort zuständig für den Erhalt und das nachhaltige Management des Nationalparks. Wie alle PRIMAKLIMA-Projekte ist auch das Projekt in Uganda nach international anerkannten Standards zertifiziert. Dabei handelt es sich zum einen um den Verified Carbon Standard (VCS), der die Klimaschutzwirkung bescheinigt und den Climate, Community & Biodiversity Standard (CCBS), der die Beiträge des Projekts zur Entwicklung der Region – in sozialer und ökologischer Hinsicht - belegt.

Die Überprüfung des Projekts und der Projektfortschritte wird von unabhängigen Auditoren durchgeführt, die wiederum an die Standards berichten.

Um die Klimaschutzwirkung realistisch messen zu können, wird zuerst eine sogenannte Baseline errechnet. Die Baseline gibt Auskunft darüber, wie sich die CO2-Bilanz ohne das Projekt entwickelt hätte. Dabei wird die vorhandene Biomasse vor Projektstart gemessen. Danach finden alle drei Jahre neue Messungen statt, bei denen geprüft wird, wie viele Bäume hinzugekommen sind und wie viel die Bäume gewachsen sind. So kann man errechnen, wieviel CO2 im Lauf der Jahre eingebunden wurde.

Quelle: PRIMAKLIMA

Warum ist das Land Uganda so geeignet als Projektpartner?

PRIMAKLIMA hat dieses Projekt ausgewählt, weil das Land Uganda den Wert seiner Nationalparks erkannt hat und die Gebiete konsequent schützt. Dadurch wird die Kontinuität gewährleistet – ein äußerst wichtiger Aspekt bei der Auswahl unserer Schutzprojekte.

Was genau passiert mit dem Geld, was durch die Teilnahme an der Klimawette bei Euch landet?

Die Gelder fließen in den Schutz des Gebiets – und damit in vielfältige Aktivitäten vor Ort. Wir finanzieren nicht nur Bäume, sondern auch Maßnahmen, die das Leben der Menschen verbessern, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Nationalpark leben. Gewählte Vertreter:innen aus den angrenzenden Dörfern entwickeln effektive Lösungen zum Schutz vor Wildtieren oder zur Verbesserung ihrer Einkommenssituation. Diese werden die dann mit den Projektgeldern umgesetzt. Ein Beispiel sind die eben erwähnten Bienenkästen. Ein anderes sind Gräben, die als Barriere zum Schutz vor Elefanten ausgehoben werden, oder die Anschaffung von Getreidemühlen zur Verbesserung der Lebensmittelversorgung. Es wurde auch schon mit dem Anbau von Tee experimentiert, der ebenfalls ein gutes Einkommen bieten kann - für Wildtiere aber kein attraktives Futter bietet. So wird bei den Menschen Akzeptanz für den Park und die dort lebenden Wildtiere geschaffen.

Darüber hinaus wird das Feuermanagement vor Ort mitfinanziert. So kann verhindert werden, dass in der Umgebung angelegte Feuer, die leider immer noch zur gängigen Landwirtschaftspraxis gehören, auf den Nationalpark übergreifen. Einen Teil der Gelder benötigt man zudem, um die Zertifizierung und das Monitoring des Projekts sicher zu stellen.

Die Meinungen zum Thema Kompensation gehen ja häufig in die verschiedensten Richtungen. Was ist Deine ganz persönliche Meinung dazu?

Die derzeitigen Maßnahmen reichen bei Weitem nicht aus, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Private Gelder werden dringend gebraucht, um Klimaschäden zu verhindern und die nötige Anpassung an die Klimaveränderung zu unterstützen. Besonders im Globalen Süden, wo die Menschen bereits jetzt am meisten unter der Klimakrise leiden, sind oftmals schlichtweg nicht genügend finanzielle Mittel für den Klimaschutz vorhanden. Gelder aus Kompensationsmaßnahmen müssen daher insbesondere dort eine wichtige Lücke ausfüllen.

Durch das Ergreifen dieser Maßnahmen wird niemand daran gehindert, sich noch klimabewusster aufzustellen – im Gegenteil: Studien (u.a. von der Universität Kassel) haben belegt, dass „Kompensierer“ sich auch in anderen Bereichen klimafreundlich verhalten und sich sehr wohl des Prinzips „Vermeiden vor Reduzieren vor Kompensieren“ bewusst sind.

Daher sind Maßnahmen wie die von PRIMAKLIMA ein unentbehrlicher Baustein, um die Klimakrise abzumildern.

Um bei den Auslösern für eine Kompensationszahlung nochmal anzusetzen. Aufgrund der aktuellen COVID-19 Pandemie fliegen nicht mehr viele Personen und die Spenden an eure Kompensationsprojekte werden dahingehend geringer. Wie schätzt Du die Kraft der individuellen Kompensation ein, die durch das eigene Bestreben heraus den persönlichen CO2-Fußabdruck verringern zu wollen, an Euch geleistet werden kann?

Dass die CO2-Emissionen aus dem Flugverkehr gesunken sind, freut uns natürlich. In der Pandemie zeigt sich, dass wir beruflich wie privat auf viele unnötige Reisen verzichten können. Allerdings ist zu erwarten, dass es einen „Nachholeffekt“ geben wird. Es handelt sich also höchstens um eine kleine Atempause, die wir dazu nutzen müssen, um die Weichen für eine nachhaltige Zukunft zu stellen. Klar ist, dass in vielen Bereichen systemische Veränderungen vonnöten sind, um die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise noch abzubremsen.

Angesichts der Ausmaße der Klimakrise ist es daher wichtig, dass jeder sich darüber bewusst wird, was Klimaschutz tatsächlich bedeutet. Für jeden, der sich ernsthaft vornimmt, Verantwortung für seinen CO2-Fußabdruck zu übernehmen, ist die individuelle Kompensation die einzige Möglichkeit, die Emissionen auszugleichen, die man auf privater Ebene nicht vermeiden kann.

Kompensationsprojekte, die auf die Kraft der Natur – also „Natural Climate Solutions“ - setzen, leisten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag, um wertvolle Gebiete zu erhalten. In Zeiten eines Massenaussterbens werden die Grundlagen unseres Lebens also gleich doppelt geschützt: Verringerung der CO2-Konzentration und Schutz der Artenvielfalt!

Heutzutage werden durch verschiedenste Projekte und Initiativen immer mehr Bäume gepflanzt, was uns und die Natur natürlich freut! Nichtsdestotrotz stößt man hier und da auf den Kommentar, dass die nur langsam wachsenden Bäume erst spät CO2 binden würden und es entsprechend nicht effektiv genug sei als Maßnahme. Wie siehst Du das?

Heute angelegte Wälder können in zehn Jahren eine Speicherwirkung erzielen. Ist es dann zu spät, um für den Klimaschutz wirksam zu sein? Sicher nicht. Außerdem haben Bäume und Wälder eine derart zentrale Rolle für die Erhaltung intakter Ökosystemen, dass es bei Weitem nicht ausreicht, sie ausschließlich als „CO2- Minderungsinstrumente“ wahrzunehmen. Wälder spielen dauerhaft eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung unserer Lebensgrundlagen und bilden einen gigantischen Kohlenstoffspeicher. Daher ist es unerlässlich, dass die globale CO2-Senke Wald heute und in Zukunft geschützt und vergrößert wird. Wir möchten alle, dass der Wald auch in der nächsten Generation noch seine vielfältigen Funktionen erfüllen kann – um das zu erreichen, müssen wir ihn als System schützen.

Quelle: PRIMAKLIMA

Liebe Henriette, vielen Dank für das Interview und die Einblicke in die Arbeit von PRIMAKLIMA. Vor allem Deine Faszinaton für Bäume und den Wald berührt und es ist großartig zu sehen, dass Du bei Deiner Arbeit so mit Herzen dabei bist. Ganz besonders spannend fanden wir die natürliche Schutzbarriere durch die Bienen vor den Elefanten, das sind großartige Inspirationen für ein gelungenes Zusammenwohnen auf diesen Planeten. Wir alle profitieren von Eurer Arbeit und können nur sagen weiter so! Sum sum sum.

Eure Andrea und Pia

Für alle, die bisher noch nicht so viel über die Klimawette wissen: Wir möchten bis zu den nächsten Klimaverhandlungen in Glasgow im Herbst diesen Jahres 1 Million Menschen gewinnen, die mit uns ihre Stimme für besseren Klimaschutz erheben. Mit einer real eingesparten Tonne CO2 (im Wert von 25 Euro) bist Du dabei! Denn wir wollen zeigen: Klimaschutz ist uns wirklich wichtig! Ob von zu Hause aus, auf den Straßen oder eben in Glasgow. Macht mit und feiert mit uns ein gutes klimafreundliches Leben!