Inspiration

Im Interview mit ...

Johannes Schwegler, Geschäftsführer von Fairventures Worldwide

Mit dieser Beitragsreihe möchten wir Euch unsere ausgewählten Partner unserer Klimaschutzprojekte genauer vorstellen. Wer steckt dahinter, was treibt sie an und wie laufen die Projektunterstützungen ab. Darüber hinaus nehmen wir das Thema Kompensation einmal genauer unter die Lupe und zeigen Euch warum der Beitrag einer und eines Einzelnen zählt.

Lieber Johannes, Fairventures ist einer unserer Projektanbieter, durch den uns die Einsparung von klimaschädlichen Emissionen ermöglicht wird. Stellst Du uns Fairventures einmal vor?

Wir sind eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Stuttgart. Wir verbinden Forstwirtschaft und moderne Technologien zur Wiederaufforstung von degradierten Flächen in den Tropen. In Zusammenarbeit mit Kleinbäuerinnen und -bauern in Indonesien und Uganda entstehen dabei nachhaltige Agroforstsysteme, die mit heimischen Baumarten Nutzholz und Nahrungsmitteln produzieren. Diese ermöglichen den Menschen vor Ort ein gesichertes Einkommen, tragen zum Erhalt der Artenvielfalt bei und wirken dem Klimawandel entgegen. Gemeinsam mit Partnern aus Privatwirtschaft und Wissenschaft verbinden wir Aufforstung mit nachhaltigen Wertschöpfungsketten in der Land- und Forstwirtschaft, um klimaschädliche Baumaterialien wie Beton, Zement und Stahl zu ersetzen.  Somit haben wir einen dreifachen Effekt: Die Kohlenstoff Senke im Wald, die Lebensmittelsicherheit und die Reduzierung von Emissionen im Bausektor.

Dürfen wir auch fragen, was deine Intention und Motivation war Fairventures ins Leben zu rufen?

Naja, ich wollte weg vom ewigen Diskutieren, Analysieren und Kritisieren. Nach 15 Jahren Erfahrung als Angestellter in der Entwicklungszusammenarbeit, 8 Jahren davon im Tropischen Regenwald im Amazonas und Indonesien war es Zeit die eigenen Ideen auf den Boden zu bringen. Raus aus dem Korsett und es besser machen war mein Antrieb.

Wenn interessierte Teilnehmer und -Teilnehmerinnen bei uns ihr passendes Klimaschutzprojekt aussuchen, durch das sie ihre vermiedene Tonne CO₂ wirksam machen möchten, wird ihnen ein Projekt von euch vorgestellt – Nachhaltig Bäume pflanzen. Was macht dieses Projekt so besonders?

Das Besondere an unserem Projekt ist, dass wir uns in erster Linie an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort orientieren. Wenn die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern vor Ort die Möglichkeit haben mit Forstwirtschaft ihre Familien zu versorgen, müssen sie ihr Land nicht an Großkonzerne verkaufen, die dann beispielsweise Palmölplantagen anlegen. Außerdem stellen wir fest, dass Menschen, die ihre eigenen Bäume pflanzen, keinen Bedarf mehr haben den bestehenden Regenwald zu roden. Im Gegenteil: Mit ihren Feldern errichten sie wichtige Pufferzonen, um die natürlichen Wälder herum. Darüber hinaus beschränken wir uns in unseren Tätigkeiten nicht nur auf die Aufforstung, sondern möchten durch nachhaltige Wertschöpfungsketten dazu beitragen Stück für Stück graue Baustoffe zu ersetzen.

Das klingt ja spannend! Und wer übernimmt die Verantwortung vor Ort und wie stellt Ihr sicher, dass mit den Projektgeldern auch tatsächlich die versprochenen Tonnen vermieden werden?

Wir haben in Uganda und Indonesien eigene Länderbüros mit erfahrenen Teams, die für die Umsetzung unserer Aktivitäten zuständig sind. Die Leiterinnen Patience und Rayanansi leisten hervorragende Arbeit. Darüber hinaus verwenden wir digitale Tools, wie z.B. unsere TreeO App, um jeden einzelnen Baum einzumessen und auf einer digitalen Karte darzustellen. Damit gewährlisten wir ein transparentes Monitoring all unserer Aktivitäten vor Ort (fairventures.org/webmap). So kann jeder sehen wo die Felder sind, auf denen die Bäume gepflanzt werden und das Wachstum der Bäume nachverfolgen. Dort kann auch genau nachvollzogen werden, welchem Kleinbauer bzw. welcher Kleinbäuerin die Felder jeweils gehören.

Warum ist die Insel Borneo so geeignet als Projektregion?

Ich habe als ich jünger war selbst für 5 Jahre auf Borneo gelebt und war dort Lehrer und Berater der Holzfachschule in Mandomai. So entstanden viele Freundschaften vor Ort. Meine tiefe Verbundenheit mit Borneo und der einheimischen Dayak Bevölkerung war der Ursprung der Zusammenarbeit. Die Hälfte des Waldes auf Borneo ist verschwunden, es braucht ganz dringend gute Konzepte, um der Entwaldung entgegenzuwirken.  Borneo eignet sich aber auch aus vielen anderen Gründen sehr gut für unser Projekt. Die Bevölkerung vor Ort und auch die Regierung interessieren sich inzwischen sehr interessiert für unser Projekt zur ökologischen Aufforstung mit ökonomischen Anreizen. Dies spiegelt sich in der großen Unterstützung wieder, die wir vor Ort erfahren. Aber auch in Ostafrika sehen wir sehr viel Potenzial für die Zukunft.

Was genau passiert mit dem Geld, was durch die Teilnahme an der Klimawette bei euch landet?

Wir setzten das Geld für die Auswahl der Flächen und die Aufzucht der Setzlinge in unseren Baumschulen ein, die dann kostenlos an Kleinbäuerinnen und Kleinbauern verteilt werden. Diese werden von uns langfristig begleitet und unterstützt, z.B. durch Training und Beratung vor Ort. Zudem investieren wir viel in das Monitoring des gespeicherten Kohlenstoffs. Es ist uns wichtig zu verstehen, ob und warum die Anpflanzungen erfolgreich sind. Dafür entwickeln wir unsere Modelle beständig mit Daten aus dem Feld weiter.

Die Meinungen zum Thema Kompensation gehen ja häufig in die verschiedensten Richtungen. Was ist deine ganz persönliche Meinung dazu?

Es geht ja immer erst darum Emissionen zu vermeiden und zu reduzieren, das ist der wichtigste Schritt. Den verbleibenden Rest kann man dann kompensieren, gerne auch überkompensieren. Ich habe die Nase voll von Leuten, die die Kompensation als Ablasshandel abtun. Das ist eine leicht zu entlarvende Ausrede, um einfach nichts machen zu müssen!  Wer will und kann denn seine Emissionen schon auf 2t CO₂ pro Jahr senken, die jedem auf dieser Erde zustehen? So gut wie niemand von uns hier in Deutschland! Also heißt es Verantwortung übernehmen und das beste Projekt suchen, Punkt.

Viele verbinden das Bezahlen von Klimaschutzleistungen mit der Kompensation von Flugreisen. Im Moment wird aufgrund von COVID-19 ja weniger geflogen. Wie schätzt ihr die Bereitschaft ein, ganz unabhängig vom Fliegen, freiwillig über Klimaschutzprojekte den persönlichen Fußabdruck zu verringern?

Wir sehen derzeit ein stark zunehmendes Bewusstsein für das Thema in der Gesellschaft, das maßgeblich von der jungen Generation geschaffen wird. Ich denke wir sind auf einem guten Weg, dass mehr und mehr Menschen sich bereit erklären ihren Fußabdruck zu kompensieren. Dazu braucht es allerdings neben den guten Projekten auch gute Kommunikation und die Klimawette ist hierfür eine super Aktion.

Viele verbinden das Bezahlen von Klimaschutzleistungen mit der Kompensation von Flugreisen. Im Moment wird aufgrund von COVID-19 ja weniger geflogen. Wie schätzt ihr die Bereitschaft ein, ganz unabhängig vom Fliegen, freiwillig über Klimaschutzprojekte den persönlichen Fußabdruck zu verringern?

Wir sehen derzeit ein stark zunehmendes Bewusstsein für das Thema in der Gesellschaft, das stark von der jungen Generation getrieben wird. Ich denke wir sind auf einem guten Weg, dass mehr und mehr Menschen bereit sind ihren Fußabdruck zu kompensieren. Dazu braucht es allerdings neben den guten Projekten auch gute Kommunikation und die Klimawette ist hierfür eine super Aktion.

Heutzutage werden durch verschiedenste Projekte und Initiativen immer mehr Bäume gepflanzt, was uns und die Natur natürlich freut! Nichtsdestotrotz stößt man hier und da auf den Kommentar, dass die nur langsam wachsenden Bäume erst spät CO₂ binden würden und es entsprechend nicht effektiv genug sei als Maßnahme. Wie siehst du das?

Ich denke wir brauchen viele verschiedene Ansätze, um einem komplexen Problem wie den Klimawandel zu begegnen. Die Kritik an der Anpflanzung von Bäumen kann ich dabei jedoch nur bedingt nachvollziehen. Die ETH Zürich hat im naturwissenschaftlichen Fachmagazin "science" ganz klar belegt: Baumanpflanzungen sind der effizienteste Weg atmosphärischen Kohlenstoff zu speichern. Dabei kann man bei Bäumen die Speicherleistung sehr genau nachvollziehen. Man bestimmt über den Stammdurchmesser und der Wuchseigenschaften der jeweiligen Holzart 1) die Biomasse über dem Boden also den Stamm und die Äste und 2) die Biomasse unter dem Boden also das Wurzelwerk. 2 kg trockenes Holz bestehen aus rund 1 kg Kohlenstoff und das entnimmt der Luft 3,67 kg CO₂. Die Bäume auf Borneo wachsen sehr schnell und können schon in den ersten Jahren über 20 kg CO₂ pro Baum und Jahr absorbieren. Das geht bei uns oder in Sibirien aufgrund der kürzeren Vegetationsperioden natürlich langsamer. Ausschlaggebend sind letztendlich aber die gemeinschaftlichen Anstrengungen von verschiedenen Vorhaben rund um die Erde. Jedes Kilogramm gespeicherten Kohlendioxids ist ein wertvoller Beitrag mit sofortiger Wirkung für unsere Umwelt. Dafür finanzieren wir als Kompensierer ja die CO₂-Senkenleistung z.B. des Waldes und nicht einen Baum, als einzelnes Individuum.

Lieber Johannes, wir danken Dir für Deine Zeit und Antworten und freuen uns sehr, dass wir euer Projekt durch die Klimawette unterstützen können!

Wenn ihr noch mehr über die Arbeit oder Projekte von Fairventures Worldwide wissen möchtet und das Team besser kennenlernen wollt, findet ihr hier alle weiteren Informationen.