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Erst Ökostrom, dann Ökogas: Die Energiewende voranbringen

Die alternative Energieversorgung durch Ökostrom kennen mittlerweile alle, aber was ist mit „Ökogas“? Da kann man theoretisch das Doppelte bis Dreifache gegenüber dem Ökostromwechsel an CO2 einsparen, wenn man den durchschnittlichen CO2-Fußabdruck eines Deutschen betrachtet. Doch für die meisten ist „Ökogas“ noch unberührtes Land. Wir fragen deshalb: Ist „Ökogas“ gleich „Ökogas“? Welche Formen gibt es überhaupt? Was ist mit dem Vorwurf „Biogas führe zur Vermaisung der Ackerlandschaft“? Und worauf sollte man deshalb achten?

Die Verbraucherzentrale spricht von drei verschiedenen Gruppen beim „Ökogas“: Biomethan, Kompensations- sowie Power-to-Gas Varianten. Biomethan wird klassisch in Biomasseanlagen generiert, die durch die Aufbereitung von Grünabfall oder Gülle in Gang gesetzt werden. „Bio“ steht hier aber nicht für besonders ökologisch, sondern nur für Biomasse. Das kann eben auch großflächig und stark pestizidbelasteter Mais sein. Bei Kompensationsprodukten wird normales fossiles Erdgas verkauft, welches durch einen Aufschlag für Kompensationszahlungen klimaneutral bilanziert wird und damit Klimaschutzprojekte unterstützt die CO2 einsparen oder binden.

Die dritte Möglichkeit Power-to-Gas umfasst Erdgas, das mit Wasserstoff angereichert ist. Der Wasserstoff wird mittels Elektrolyse gewonnen, idealerweise mit überschüssigem Ökostrom in Nachfrageflauten bzw. bei überschüssigem Stromangebot z. B. in Starkwindzeiten. Power-to-Gas-Angebote werden auch häufig mit Kompensationsangeboten verbunden. Das Produkt besteht dann beispielsweise zu 95 % aus Erdgas, welches kompensiert wird, und zu 5 % aus Wasserstoff, der durch die Nutzung von Ökostrom hergestellt wurde.

Soviel zu den Varianten. Doch welche ist nun die umweltfreundlichste und worauf sollte man achten? Das ist gar nicht so einfach und selbst unter Expert*innen umstritten. So hält sich beispielsweise das Umweltbundesamt mit Empfehlungen für Ökogas zurück, weil man nicht den Ausbau von sogenannten „Nawaro-Anlagen“ fördern möchte, also Biogasanlagen die mit Mais und anderen extra angepflanzten nachwachsenden Rohstoffen betrieben werden. Gut, wenn man Anbieter kennt, denen man vertrauen kann. Denn die „dunkelgrünen“ Ökostrom-Anbieter, die wir guten Gewissens empfehlen können, haben auch gutes „Ökogas“ in ihrem Angebot. Wir konnten zwei dieser Pioniere der Energiewende für ein kleines Interview gewinnen und haben für Euch nachgefragt. Im Gespräch mit uns: Dominique Czech, PR-Referentin bei der Naturstrom AG, und Nils Müller, Vorstandsmitglied bei Greenpeace Energy.

Welche Vorteile für die Umwelt bringt Ökogas? Worauf sollte man generell beim Bezug von Öko- oder Biogas achten?

Dominique Czech: „Biogas ist in der Gesamtbilanz deutlich nachhaltiger als Erdgas und stärkt zudem die regionale Wertschöpfung sowie die Landwirtschaft vor Ort. Es wird oft aus Rest- sowie nachwachsenden Rohstoffen (wie Nutzpflanzen) gewonnen, die, bis sie zum Einsatz kommen, CO2 aus der Atmosphäre binden. Daher handelt sich um einen natürlichen Kreislauf – quasi ein CO2-Nullsummenspiel.Biogas ist außerdem ein wichtiger Baustein im Energiemix der Zukunft, da es wetterunabhängig und damit kontinuierlich verfügbar ist und sich zudem gut speichern lässt. Denn es ist vielseitig einsetzbar: Es kann auf Erdgasqualität aufbereitet und ins Gasnetz eingespeist oder zur Stromerzeugung verwendet werden. Dabei entsteht Wärme, die sich wiederum als saubere Energie z. B. für Nahwärmenetze nutzen lässt. 

Viele sogenannte Ökogas-Tarife bestehen vollständig aus Erdgas, dessen Emissionen dann halbherzig kompensiert werden. Solche Kompensationen decken oft nur einen Teil der tatsächlich verursachten Kosten für Umwelt und Gesellschaft ab. Sinnvoller sind Tarife, die Biogas beinhalten und zusätzlich den Erdgasanteil nach hochwertigen Standards kompensieren. Ein weiterer Aspekt, den man bei der Wahl des richtigen Biogastarifs berücksichtigen sollte, ist die Förderung neuer Erneuerbare-Energien-Anlagen. Denn nur durch neue Ökostrom- und Biogas-Anlagen wird unser Energiemix in Deutschland wirklich sauberer."

Nils Müller: „Wenn ich Ökogas beziehe, dann will ich ja zuallererst mal klimaschädliche Emissionen vermeiden – und im Idealfall auch noch mit meinem Geld die Gaswirtschaft in eine ökologische Richtung verändern. Und deshalb sollte man auch genau hinschauen, welche Stoffe zur Biogas-Produktion genutzt werden: Ist es am Ende Gülle von in Massentierställen gehaltenen Rindern oder Schweinen? Dann wird die Gülle zwar wenigstens genutzt, doch insgesamt verschärft diese Art der Landwirtschaft den Klimawandel noch.

Wenn aber zur Gasproduktion zum Beispiel abgemähtes Gras genutzt wird, das auf Blühstreifen am Feldrand wächst, dann ist das prima – auch, weil die verwendeten Substrate nicht der Lebensmittelherstellung Konkurrenz machen. Und idealerweise sollte ein guter Anbieter einen Plan haben, wie er Erdgas-Anteile in seinem Gasprodukt verzichtbar macht, je ambitionierter, desto besser. Das Ziel muss sein, möglichst zügig völlig unabhängig von fossilen Quellen zu werden."

Quelle: Kseniia Rastvorova

Entsprechend der erwähnten Vorteile gibt es Nachteile. Wie steht es um die Vermaisung unserer Landschaften? Was bedeutet „Tank oder Teller“ in diesem Zusammenhang?

Zusammengefasst lässt sich hier sagen: Die Produktion von ökologisch hochwertigem Biogas aus pflanzlichen Rohstoffen sollte nicht aus eigens angelegten, industriellen Monokulturen stammen, die neben vielen anderen Negativeffekten auch besonders schädlich für die Artenvielfalt sind. Zusätzlich sollten nachhaltige Biogasanlagen sicherstellen, dass keine Flächenkonkurrenz zur Landwirtschaft und damit zur Lebensmittelproduktion besteht, was den Begriff des „Tank oder Teller“ erklärt. 

Stellen wir einmal die Kostenfrage. Was kostet Ökogas? Muss man da tiefer in die Tasche greifen?

Nils Müller: „Natürlich hat Qualität ihren Preis, gerade auch auf dem Energiemarkt. Die Frage ist: Aus welchen Quellen beschaffe ich das Gas für meine Kund*innen? Da haben wir uns besonders hohe Maßstäbe gesetzt: Einerseits nutzen wir inzwischen fünf Elektrolyseure, die sauberen Wasserstoff aus überschüssigem Windstrom produzieren – deshalb heißt das bei uns auch „Windgas“. Die Produktion von grünem Wasserstoff ist aber noch recht teuer.“

Um Erdgas trotzdem zu moderaten Kosten schneller zu ersetzen, nehmen wir ab Januar mindestens zehn Prozent Biogas zusätzlich mit in unseren Mix. Dieses Biogas muss aber ebenfalls hohen Ökostandards entsprechen und darf keine Reststoffe aus industrieller Landwirtschaft enthalten. All das macht sich beim Preis bemerkbar – aber dafür kriegt man auch garantiert hohe Qualität, das ist ja beim Einkauf im Bioladen auch nicht anders."

Dominique Czech: „Bei uns unterscheiden sich die Kosten des Ökogas in Abhängigkeit der Höhe des Biogasanteils, sodass unsere Kunden zwischen drei Produkten wählen können - 10% Biogas, 20% Biogas oder 100% Biogas. Zudem wird bei uns der jeweilige Erdgasanteil dann durch Klimaschutzprojekte nach Gold Standard (VER) kompensiert."

Welche Alternativen zu den oben genannten Arten von Biogas gibt es bereits?

Nils Müller: „Man kann auch gutes Biogas natürlich immer noch besser machen – etwa, indem man besonders klimafreundliche Quellen erschließt. Ein Beispiel dafür ist „Paludi“ – das bezeichnet ein Konzept, trockengelegte Moore, die sehr viel COemittieren, wieder versumpfen zu lassen. Wenn man das tut, dann speichern diese Moore langfristig wieder große Mengen an Klimagasen, viel mehr als Wälder in ihrer Biomasse binden. Und wenn man dann auch noch aus den dort wachsenden Moorpflanzen Biogas produziert, dann haben wir sogar einen doppelten Klimanutzen.

Diese Paludi-Kultur ist für uns eine sehr spannende Vision, für die wir uns auch selbst in den nächsten Jahren engagieren möchten. Und Kund*innen, die uns dabei besonders engagiert unterstützen wollen, können das tun, indem sie entsprechende Projekte über einen freiwilligen Förderbeitrag mitfinanzieren. Wir merken schon jetzt, dass das Interesse daran groß ist. Und das zeigt auch, dass für viele Kund*innen eben der ökologische Gedanke zählt – und für sie die Qualität den Preis wert ist.“  

Quelle: Greenpeace Energy

Habt Ihr Kunden, die Ökogas beziehen, aber keinen Ökostrom?

Dominique Czech: „Ja, ein paar Kund*innen (im mittleren vierstelligen Bereich) beziehen nur unser Biogas. Den Großteil unserer Kund*innen beliefern wir nur mit Ökostrom oder beidem. Das ist nicht überraschend, schließlich hat jeder Haushalt in Deutschland einen Stromanschluss – bei einer Umfrage gaben letztes Jahr aber gerade einmal 31 Prozent der Befragten an, über einen Gasanschluss zu verfügen. Hinzu kommt, dass viele Mieter*innen, die mit Gas heizen, sich ihren Gasanbieter nicht aussuchen können. Beim Strom gibt es solche Vorgaben in der Regel nicht."

Nils Müller: „In der Regel schließen VerbraucherInnen bei uns sowohl Strom- als auch Gasverträge im Paket ab, weil sie grundsätzlich von uns als ökologischem Energieanbieter überzeugt sind bzw. weil sie ohnehin Genossenschaftsmitglied bei uns sind. Etwa ein Viertel unserer 30.000 Gaskund*innen – rund 6.500 – beziehen nur unser Gasprodukt von uns, also ohne Stromvertrag."

Quelle: Grüner Strom Label e.V.

Gibt es Siegel oder Zertifizierungen, die den Verbraucher*innen bei der Auswahl helfen können?

Die Antwort der beiden ist hier eindeutig: Das Qualitätssiegel des gemeinnützigen Vereins „Grüner Strom Label e.V.“ Der Verein wurde vor mehr als 20 Jahre von Umwelt- und Verbraucherverbänden gegründet und ist heute in Trägerschaft von sieben Verbänden, darunter Eurosolar, NABU und BUND. Sowohl das „Grüner Strom Label“ als auch das „Grünes Gas Label“ gelten als anspruchsvollste Zertifizierungen in ihren Bereichen. 

Das „Grünes Gas-Label“ wird nur für solche Gasprodukte verliehen, die mindestens zehn Prozent Biogas im Mix haben, welches nachhaltig, dezentral und transparent für die GaskundInnen produziert wird. Auch unsere Ökostrom Partner im Gespräch sind mit diesem Label ausgezeichnet. Zusätzlich gibt es in Deutschland noch die beiden Ökogas-Siegel des TÜVs Nord „Klimaneutrale Gasverbrennung“ und „Klimaneutrales Gasprodukt“.

Kann ich dann guten Gewissens richtig „Gas“ geben?

Nils Müller: „Es ist ein Kraftakt mit vielen Schritten, um unsere Wärmeversorgung wirklich klimaneutral zu machen. Ganz ohne Erdgas wird es vorerst noch nicht gehen – insofern bleibt auch ein kleiner Schatten auf dem ökologischen Gewissen, klar. Wer für sich persönlich ein noch höheres Tempo wünscht, kann sich für CO2-Ausgleichsmaßnahmen entscheiden.

Zusammenfassend ist es jedoch wichtig, das Große und Ganze zu betrachten: Wenn ich als Verbraucher*innen durch meine Nachfrage, durch mein Geld dazu beitrage, dass Landwirte stärker auf nachhaltige Landnutzung setzen statt auf Monokulturen und Massentierhaltung, oder dass grüner Wasserstoff immer günstiger hergestellt werden kann, dann treibe ich eine Veränderung mit an, die wir in den kommenden Jahren wirklich dringend brauchen. Insofern, ja: Wirklich gutes Ökogas + mehr Tempo beim Strukturwandel = Gewissheit, wirklich etwas für den Klimaschutz zu tun!"

Letztlich so Dominique Czech: „[...] ist die beste Kilowattstunde die, die gar nicht erst verbraucht wird. Das gilt bei Gas genauso wie beim Strom.“

Die Klimawette ist überzeugt: Neben der „Stromwende“ braucht es auch die „Wärmewende“. Deshalb empfehlen wir die Ökogas-Pioniere, die seit Jahren für die Energiewende kämpfen.

*Nutze diesen Link für den Wechsel zum Ökogasanbieter. Dann werden zusätzlich zu Deinem Beitrag weitere 25 Euro zur Einsparung einer weiteren Tonne an DIE KLIMAWETTE gespendet!

**Nutze den Gutscheincode KLIMAWETTE bei deinem Wechsel zum Ökogasanbieter. Dann werden zusätzlich zu Deinem Beitrag weitere 25 Euro zur Einsparung einer weiteren Tonne an DIE KLIMAWETTE gespendet!